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Sonderpädagogische Förderung an separaten Bildungseinrichtungen im Elementar- und Schulbildungsbereich

Germany

12.Pädagogische Förderung und Beratung

12.2Sonderpädagogische Förderung an separaten Bildungseinrichtungen im Elementar- und Schulbildungsbereich

Last update: 22 April 2024

Um den individuellen Gegebenheiten der Schülerinnen und Schüler sowie dem elterlichen Recht auf Wahl des schulischen Lernorts Rechnung zu tragen, kann die Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch an sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen (z. B. Förderschulen, Förderzentren, Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren) erfolgen.

Im Einzelnen kann die Ausgestaltung des Förderschulwesens in den Ländern variieren. Die sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen  müssen in die Lage versetzt werden, die erforderlichen technischen Medien sowie spezielle Lehr- und Lernmittel bereitzustellen. Ergänzend können auch therapeutische, pflegerische und soziale Hilfen anderer außerschulischer Maßnahmenträger einbezogen werden. Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen unterscheiden sich nach der Art ihrer sonderpädagogischen Schwerpunkte und nach ihrem Angebot an Bildungsgängen. Die sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen unterstützen bei ihren Schülerinnen und Schülern alle Entwicklungen, die zu einem Wechsel in eine allgemeine Schule und in die Ausbildung führen können.

Sonderpädagogische Förderzentren sollen als regionale oder überregionale Einrichtungen einzelnen oder mehreren Schwerpunkten (z. B. im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung, im Bereich des Hörens oder Sehens usw.) entsprechen und sonderpädagogische Förderung in inklusiven oder spezifischen Formen möglichst wohnortnah und fachgerecht sicherstellen. Im Rahmen des Präventionsauftrages der Förderzentren kann die Förderung bereits vor Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, teilweise bereits in den Kindertageseinrichtungen stattfinden.

Definition der Zielgruppe

Für die Definition der Zielgruppe sonderpädagogischer Förderung an Förderschulen gelten die Ausführungen zu sonderpädagogischer Förderung an allgemeinen Schulen.

Aufnahmebedingungen und Wahl der Bildungseinrichtungen

Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf gilt die Schulpflicht ebenso wie für Kinder und Jugendliche ohne Behinderungen.

Bei Beginn der Schulpflicht melden die Erziehungsberechtigten ihr Kind bei einer Schule mit Primarstufe an. Die Schule mit Primarstufe gestaltet in der Regel gemeinsam mit der Kindertageseinrichtung den Übergang zum Schulbesuch.

Im Grundsatz entscheiden die Erziehungsberechtigten, ob das Kind eine allgemeine Schule oder eine sonderpädagogische Bildungseinrichtung besucht. Wird dem Wunsch der Erziehungsberechtigten nicht entsprochen, haben sie außergerichtliche und gerichtliche Einspruchsmöglichkeiten.

Altersstufen und Gruppenbildung

Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen können nach Bildungsgängen, Stufen und Jahrgängen gegliedert sein. Verschiedene Arten von sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen (z. B. für Sinnesgeschädigte) vereinen die Bildungsgänge der Hauptschule, der Realschule und in manchen Ländern auch des Gymnasiums und führen zu deren Abschlüssen. Diese Bildungsgänge sind wie an allgemeinen Schulen in Primar- und Sekundarbereich gegliedert und nach Jahrgangsstufen aufgebaut. Dabei kann der Unterricht auf mehr Jahrgangsstufen verteilt werden als an allgemeinen Schulen.

Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen mit dem Schwerpunkt Lernen können nach Jahrgangsstufen oder Leistungsstufen gegliedert sein. Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung umfassen drei Stufen, die sich jeweils aus mehreren Jahrgängen zusammensetzen, mit einer sog. Werkstufe, Berufsschulstufe oder Abschlussstufe als letzter Stufe. Diese Schwerpunkte können auch an einer anderen sonderpädagogischen Bildungseinrichtung, z. B. für Sinnesgeschädigte eingerichtet sein.

Lehrpläne, Fächer

Mit Ausnahme der sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung und zum Teil mit dem Schwerpunkt Lernen arbeiten alle sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen nach Lehrplänen bzw. Bildungsplänen, die hinsichtlich der Bildungsziele, Unterrichtsinhalte und Leistungsanforderungen denjenigen der allgemeinen Schulen (Grundschule und Bildungsgänge der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums) entsprechen (sog. lernzielgleiche Unterrichtung). Didaktik, Methodik und Leistungsbewertung haben jedoch die besonderen Voraussetzungen und Auswirkungen auf das Lernen bei den einzelnen sonderpädagogischen Schwerpunkten zu berücksichtigen. Die sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen mit den Schwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung arbeiten in der Regel nach eigenen Richtlinien, die wie alle anderen Lehrpläne bzw. Bildungspläne durch das Kultusministerium des jeweiligen Landes erlassen werden. In Thüringen werden Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Lernen seit dem 1. August 2020 nach den Lehrplänen der allgemeinen Schule unterrichtet. Allgemeine Informationen zur Entwicklung von Lehrplänen sind den Ausführungen zu Lehren und Lernen im Primarbereich zu entnehmen.

Unterrichtsmethoden und Unterrichtsmittel

Sonderpädagogische Bildungseinrichtungen sind häufig Schulen mit Ganztagsangeboten. Teilweise werden sie auch als Internatsschulen geführt. Die umfassende Förderung der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen ist Teil des pädagogischen Konzeptes, Unterricht und Erziehung ergänzen einander.

Bei der Gestaltung des Unterrichts wird auf individuelle Bedürfnisse besondere Rücksicht genommen. Der Unterricht findet teilweise in Kleingruppen oder in Form individueller Förderung statt. In der Regel sind die Klassenstärken an sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen niedriger als an allgemeinen Schulen.

Je nach Behinderungsart können ergänzend therapeutische Maßnahmen wie Krankengymnastik, verhaltenstherapeutische Übungen und Sprachheilunterricht an sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen stattfinden. 

Versetzung von Schülerinnen und Schülern

In den sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen findet in ähnlicher Form wie in den allgemeinen Schulen eine kontinuierliche Leistungsbeurteilung statt. Bei Schülerinnen und Schülern mit geistigen Behinderungen oder mit schweren geistigen Behinderungen erfolgen die Beurteilungen in Form von Berichten zur kognitiven, sozialen und psychischen Entwicklung.

Regelmäßig überprüft die sonderpädagogische Bildungseinrichtung, ob und in welcher Jahrgangsstufe/Stufe eine Schülerin oder ein Schüler weiterhin an dieser Schule seinen Bedürfnissen entsprechend gefördert werden kann, ob er an einer anderen sonderpädagogischen Bildungseinrichtung aufgenommen werden oder an eine allgemeine Schule wechseln soll. Die Einstufung ist Sache der Schule, über einen Schulwechsel entscheidet in der Regel die Schulaufsichtsbehörde nach Anhörung oder auch auf Antrag der Eltern und unter Heranziehung von Gutachten oder Berichten.

Abschlusszeugnis

Soweit es die Art der Behinderung oder Erkrankung zulässt, vermitteln die sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen die Abschlüsse der allgemeinen Schulen (Hauptschulabschluss, Mittlerer Schulabschluss oder auch Allgemeine Hochschulreife). Voraussetzung ist, dass nach den Lehrplänen der jeweiligen Schulart unterrichtet wurde und der Bildungsgang mit Erfolg abgeschlossen wurde. In einigen Ländern werden eigenständige Abschlüsse für die sonderpädagogischen Schwerpunkte Lernen und Geistige Entwicklung angeboten.

Bei Schülerinnen und Schülern, die nicht nach den Lehrplänen der allgemeinen Schulen unterrichtet wurden, stellt in der Regel die Lehrerkonferenz den erfolgreichen Abschluss des Bildungsganges fest, wenn alle vorgesehenen Schulstufen erfolgreich durchlaufen wurden.