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Aufbau der allgemeinbildenden Sekundarstufe I

Germany

6.Sekundarbildung und postsekundärer, nicht-tertiärer Bereich

6.1Aufbau der allgemeinbildenden Sekundarstufe I

Last update: 15 April 2024

Arten von Bildungseinrichtungen

Der Sekundarbereich I schließt an den Primarbereich an und endet mit der Jahrgangsstufe 9 oder 10. Er wird an verschiedenen Schularten geführt, an denen der Erste Schulabschluss, der Mittlere Schulabschluss und die Berechtigung zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe erworben werden können. Das Schulwesen des Sekundarbereichs I ist vom Prinzip der Durchlässigkeit geprägt, d. h. alle Schularten bieten entweder innerhalb der jeweiligen Schulart selbst oder über passende Anschlüsse den Weg zum Ersten Schulabschluss, zum Mittleren Schulabschluss sowie zur Allgemeinen Hochschulreife. Einige Länder vergeben unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. durch Verlängerung des Schulbesuchs, bei bestimmten Leistungen oder aufgrund einer zusätzlichen Leistungsfeststellung) einen erweiterten Ersten Schulabschluss, der in seinen Anforderungen über den Ersten Schulabschluss hinausgeht. Neben der länderübergreifend einheitlichen Abschlussbezeichnung kann auch die länderspezifische Abschlussbezeichnung gleichwertig ausgewiesen werden.

Die Schularten im Sekundarbereich I gliedern sich in drei Kategorien:

  • Schularten mit einem Bildungsgang, die auf den Ersten Schulabschluss oder den Mittleren Schulabschluss oder die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) ausgerichtet sind,
  • Schularten mt zwei Bildungsgängen, die zum Ersten Schulabschluss und zum Mittleren Schulabschluss führen oder
  • Schularten mit drei Bildungsgängen, die zum Ersten Schulabschluss, zum Mittleren Schulabschluss und zur Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) führen.

Haupt- und Realschulen gibt es in nennenswerter Zahl heute nur noch in fünf Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen). Das Gymnasium gibt es als mittlerweile einzige Schulart noch in allen Ländern. Daneben existieren in den meisten Ländern - unter unterschiedlichen Bezeichnungen - Gesamtschulen in integrierter oder kooperativer Form. Die Gesamtschule in kooperativer Form fasst die Bildungsgänge von Hauptschule, Realschule und Gymnasium pädagogisch und organisatorisch zusammen. Die Gesamtschule in integrierter Form bildet eine pädagogische und organisatorische Einheit, die unabhängig von der Zahl der Anspruchsebenen bei der Fachleistungsdifferenzierung die drei Bildungsgänge des Sekundarbereichs I umfasst. Schularten mit mehreren Bildungsgängen vereinen zwei oder drei Bildungsgänge unter einem Dach und können auch die Jahrgangsstufen des Primarbereichs integrieren. Zwischenzeitlich haben Schularten mit mehreren Bildungsgängen in den meisten Ländern zur Abschaffung von Haupt- und Realschule geführt.

Die folgenden Schularten mit zwei Bildungsgängen fassen die Bildungsgänge pädagogisch und organisatorisch zusammen, die auf den Ersten und den Mittleren Schulabschluss ausgerichtet sind: Mittelschule (Bayern), Oberschule (Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen), Verbundene Haupt- und Realschule (Hessen), Mittelstufenschule (Hessen), Regionale Schule (Mecklenburg-Vorpommern), Realschule plus (Rheinland-Pfalz), Sekundarschule (Sachsen-Anhalt),  Regelschule (Thüringen). Der Bildungsgang, der auf die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) ausgerichtet ist, wird auch an Schularten mit drei Bildungsgängen angeboten: Integrierte Gesamtschule, Kooperative Gesamtschule, Gemeinschaftsschule (Baden-Württemberg, Berlin, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen), Integrierte Sekundarschule (Berlin), Gesamtschule (Brandenburg, Nordrhein-Westfalen), Oberschule (Bremen), Stadtteilschule (Hamburg), Sekundarschule (Nordrhein-Westfalen).

Die Jahrgangsstufen 5 und 6 aller allgemeinbildenden Schulen bilden unabhängig von ihrer organisatorischen Zuordnung eine Phase besonderer Förderung, Beobachtung und Orientierung über den weiteren Bildungsgang mit seinen fachlichen Schwerpunkten.

Eine Darstellung der sonderpädagogischen Förderung an allgemeinbildenden Schulen und in sonderpädagogischen Bildungseinrichtungen (z. B. Förderschulen, Förderzentren, Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren) findet sich in den Ausführungen zur sonderpädagogischen Förderung im Elementar- und Schulbildungsbereich.

Gemeinsame Grundsätze für die Gestaltung des Sekundarbereichs I hat die Kultusministerkonferenz in dem Beschluss Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I vom Dezember 1993 in der jeweils geltenden Fassung festgelegt.

Beschreibung der Schularten und Organisation der Bildungsgänge

Die Schularten im Sekundarbereich I umfassen jeweils einen oder mehrere Bildungsgänge. An Schularten mit einem Bildungsgang ist der gesamte Unterricht auf einen bestimmten Abschluss bezogen.

Schularten mit einem Bildungsgang, die auf den Ersten Schulabschluss ausgerichtet sind, vermitteln ihren Schülerinnen und Schülern eine grundlegende allgemeine Bildung, die sie entsprechend ihren Leistungen und Neigungen durch Schwerpunktbildung befähigt, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg vor allem in berufsqualifizierenden, aber auch in studienqualifizierenden Bildungsgängen fortzusetzen.

Schularten mit einem Bildungsgang, die auf den Mittleren Schulabschluss ausgerichtet sind, vermitteln ihren Schülerinnen und Schülern eine erweiterte allgemeine Bildung, die sie entsprechend ihren Leistungen und Neigungen durch Schwerpunktbildung befähigt, nach Maßgabe der Abschlüsse ihren Bildungsweg in berufs- und studienqualifizierenden Bildungsgängen fortzusetzen.

Schularten mit einem Bildungsgang, die auf die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) ausgerichtet sind, vermitteln ihren Schülerinnen und Schülern eine vertiefte allgemeine Bildung, die sie entsprechend ihren Leistungen und Neigungen durch Schwerpunktbildung befähigt, nach Maßgabe der Abschlüsse im Sekundarbereich II ihren Bildungsweg an einer Hochschule, aber auch in berufsqualifizierenden Bildungsgängen fortzusetzen.

An Schularten die zum Ersten Schulabschluss und zum Mittleren Schulabschluss führen, wird der Unterricht entweder in abschlussbezogenen Klassen oder leistungsdifferenziert auf zwei definierten Anspruchsebenen erteilt. 

An Schularten, die zum Ersten Schulabschluss, zum Mittleren Schulabschluss und zur Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) führen, wird der Unterricht entweder in abschlussbezogenen Klassen oder leistungsdifferenziert auf zwei oder drei definierten Anspruchsebenen erteilt. 

Dabei gilt für den leistungsdifferenzierten Unterricht:

Der Unterricht auf verschiedenen Anspruchsebenen erfolgt mindestens in den Fächern Deutsch, Mathematik, der ersten Fremdsprache und in einem der naturwissenschaftlichen Fächer. Er beginnt spätestens 

  • mit Jahrgangsstufe 7 in Mathematik,
  • mit Jahrgangsstufe 7 in der ersten Fremdsprache,
  • mit Jahrgangsstufe 9 in Deutsch,
  • mit Jahrgangsstufe 9 in mindestens einem naturwissenschaftlichen Fach.

Geographische Verteilung der Bildungseinrichtungen

Informationen über die geographische Verteilung der Schulen sind den Ausführungen zur geographischen Verteilung der Bildungseinrichtungen im Primarbereich zu entnehmen.

Aufnahmebedingungen und Wahl der Bildungseinrichtung

Bei der Wahl der schulischen Einrichtung ist zwischen der Wahl einer Schulart und der Aufnahme in eine bestimmte Schule zu unterscheiden.

Wahl einer Schulart des gegliederten Schulwesens

Die Form des Übergangs vom Primarbereich zum Sekundarbereich ist in den Ländern unterschiedlich geregelt. Eine verbindliche Entscheidung über die Wahl einer Schulart bzw. den Bildungsgang in der Sekundarstufe I wird teilweise in der Jahrgangsstufe 4, teilweise während der Jahrgangsstufen 5 und 6 und teilweise am Ende der Jahrgangsstufe 6 getroffen. Beim Übergang in die Integrierte Gesamtschule oder eine andere Schulart mit mehreren Bildungsgängen entfällt diese Entscheidung.

Im Laufe der Jahrgangsstufe 4 bzw. 6 der Grundschule wird, verbunden mit eingehender Beratung der Eltern, von der abgebenden Schule ein Votum erstellt, das allgemeine Angaben zur Entwicklung des Kindes in der Grundschule enthält und mit einer Gesamtbeurteilung über die Eignung für den Besuch weiterführender Schulen abschließt. Das Votum der abgebenden Schule ist Grundlage für die Entscheidung bzw. Entscheidungshilfe für den weiteren Bildungsgang der Schülerinnen und Schüler. Je nach Landesrecht kann die Eignung für einen Bildungsgang der Realschule oder des Gymnasiums durch verschiedene Verfahren (z. B. Probehalbjahr, Probeunterricht, Aufnahmeprüfung) festgestellt werden. Die Entscheidung wird entweder von den Eltern oder von der Schule bzw. der Schulaufsicht getroffen. Eine Übersicht über die länderspezifischen Regelungen zum Übergang von der Grundschule in Schulen des Sekundarbereichs I ist auf der Website der Kultusministerkonferenz abrufbar.

Wahl einer bestimmten Bildungseinrichtung

Grundsätzlich besteht kein Rechtsanspruch auf die Aufnahme in eine bestimmte Schule. Das im Grundgesetz formulierte Recht auf die freie Wahl der Ausbildungsstätte bezieht sich nicht auf die Aufnahme in eine bestimmte Schule. Solange der Besuch einer anderen Schule der gleichen Schulart oder, falls nicht verfügbar, einer Schulart, die senselben Bildungsgang anbietet, möglich und zumutbar ist, schließen einige Länder einen Rechtsanspruch auf die Aufnahme in eine bestimmte Schule aus.

Schülerinnen und Schüler, die die Schulpflicht an der Hauptschule oder Berufsschule erfüllen wollen, müssen grundsätzlich die örtlich zuständige Schule besuchen. Dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler an anderen weiterführenden Schulen, soweit für die von ihnen gewählte Schulart Schulbezirke bestehen. Die Eltern haben jedoch die Möglichkeit, eine andere als die örtlich zuständige Schule für ihr Kind auszuwählen und einen entsprechenden Antrag bei der Schulbehörde zu stellen. Diese trifft die Entscheidung unter Anhörung der Eltern und der Schulträger, wobei in erster Linie das Wohl des betroffenen Schülers ausschlaggebend ist.

Sofern für weiterführende Schulen des Sekundarbereichs keine Schulbezirke bestehen, haben die Eltern grundsätzlich die Möglichkeit, eine Schule frei zu wählen. In der Regel kann in diesem Fall die Aufnahmekapazität der Schule kann in diesem Fall dem Anspruch auf Aufnahme Grenzen setzen.

Altersstufen und Klassenbildung

Die Schülerinnen und Schüler der Altersgruppe zwischen 10 und 16 Jahren an Schulen mit einem Bildungsgang werden in Jahrgangsklassen von Fachlehrkräften unterrichtet. An Schularten mit mehreren Bildungsgängen wird der Unterricht in bestimmten Fächern und Jahrgangsstufen in der Regel entweder in abschlussbezogenen Klassen oder in leistungsdifferenzierten Kursen auf mindestens zwei Anspruchsebenen erteilt.

Die Jahrgangsstufen 5 und 6 aller Schulen im Sekundarbereich I bilden unabhängig von ihrer organisatorischen Zuordnung eine Phase besonderer Förderung, Beobachtung und Orientierung über den weiteren Bildungsgang mit seinen fachlichen Schwerpunkten. Ab Jahrgangsstufe 7 unterscheiden sich die Schularten und Bildungsgänge zunehmend durch das Angebot der Fächer, die Anforderungen im Hinblick auf die individuelle Schwerpunktsetzung und den angestrebten Abschluss.

Gliederung des Schuljahres

Zur Gliederung des Schuljahres im Sekundarbereich wird auf die Ausführungen zum Aufbau des Primarbereichs verwiesen.

Wöchentliche und tägliche Unterrichtsdauer

Im Sekundarbereich I sind in der Regel Kern-Unterrichtszeiten von 7.30/8.30 bis 13.30 Uhr (Montag bis Freitag) vorgesehen. Die wöchentliche Unterrichtszeit im Pflicht- und Wahlpflichtbereich beträgt für alle Schularten mit Ausnahme des achtjährigen Gymnasiums in den Jahrgangsstufen 5 und 6 in der Regel 28 bis 30 Wochenstunden, in den Jahrgangsstufen 7–10 in der Regel 30 bis 32 Wochenstunden zu je 45 Minuten.

Für allgemeine Informationen zur wöchentlichen und täglichen Unterrichtsdauer sowie zur 5- bzw. 6-Tage-Woche wird auf die Ausführungen zum Aufbau des Primarbereichs verwiesen.

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote

Eine über den Unterricht am Vormittag hinausgehende Bildung und Betreuung erhalten die Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I in Ganztagsschulen, erweiterten Halbtagsschulen, durch Ganztagsangebote an Schulen und über die Zusammenarbeit mit Trägern der Kinder- und Jugendhilfe oder der kulturellen Bildung, Sportvereinen, Elterninitiativen und anderen außerschulischen Kooperationspartnern. Alle Länder haben Kooperationsvereinbarungen mit Anbietern außerschulischer Bildung abgeschlossen. Diese Angebote werden in den Ländern mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgebaut. Gemeinsam ist den Konzepten eine stärkere Betonung der Bildung und der individuellen Förderung gegenüber der reinen Betreuung. Ziele des Ausbaus von Ganztagsangeboten sind die nachhaltige Verbesserung der Qualität von Schule und Unterricht sowie die Entkopplung von sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb. Im Einzelnen sollen die Voraussetzungen für eine bessere individuelle Förderung, für eine engere Verknüpfung unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Bildungsangebote sowie für die verstärkte Beteiligung von Schülern und Eltern geschaffen werden.

In Ganztagsschulen wird gemäß der länderübergreifenden Definition der Kultusministerkonferenz an mindestens drei Tagen in der Woche ein ganztägiges Angebot für die Schülerinnen und Schüler bereitgestellt, das täglich mindestens sieben Zeitstunden umfasst. Nähere Informationen über die Definition von Ganztagsschulen sind dem Abschnitt über Schülerbetreuung außerhalb des Unterrichts und ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote im Kapitel zum Aufbau des Primarbereichs zu entnehmen.

Der starke Anstieg der Zahl von Schulen mit Ganztagsbetrieb spiegelt sich in dem Bericht Allgemein bildende Schulen in Ganztagsform in den Ländern in der Bundesrepublik Deutschland – Statistik 2018 bis 2022 –, der auf der Website der Kultusministerkonferenz abgerufen werden kann. Über die Entwicklung von Ganztagsangeboten in den Ländern sowie über die laufende empirische Begleitforschung gibt ein Internet-Portal Auskunft.

Im Mai bzw. Juni 2020 haben Jugend- und Familienministerkonferenz (FFMK) und Kultusministerkonferenz die Empfehlung "Entwicklung und Ausbau einer kooperativen Ganztagsbildung in der Sekundarstufe 1" verabschiedet. Die Empfehlung beleuchtet konzeptionelle und strukturelle Aspekte einer kooperativen Ganztagsbildung, Aspekte der Fach- und Führungskräfte, der Finanzierung sowie des Rechts. Sie macht deutlich, welchen Beitrag eine hochwertige Ganztagsbildung zur individuellen Förderung und Persönlichkeitsentwicklung, zur Bildungs- und Chancengerechtigkeit, zur Stärkung der Schule als Lern- und Lebensort und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf leistet. 

Die Ausführungen zur bundesweiten Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Förderung und Betreuung ab 2026 im Kapitel zum Aufbau des Primarbereichs gelten auch für den Sekundarbereich I.

In Deutschland gibt es darüber hinaus traditionell eine Vielfalt von Einrichtungen der öffentlichen oder freien Jugend-, Kultur- und Bildungsarbeit sowie private Initiativen, die Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten der außerschulischen Bildung, der Freizeitgestaltung oder der Hausaufgabenhilfe anbieten. Aus der Vielfalt des Angebots ist insbesondere die gezielte Zusammenarbeit von Schulen mit Sportvereinen und -verbänden, mit Jugendzentren, mit Trägern der Beruflichen Orientierung, mit Musikschulen, Jugendkunstschulen und anderen Trägern der kulturellen Bildung sowie mit Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zu nennen.