Das schweizerische Bildungswesen ist vom Föderalismus geprägt und dezentral organisiert. Die Hauptverantwortung für die Bildung liegt bei den Kantonen. Sie sind für das Bildungswesen zuständig, soweit die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Art. 61 ff BV) nicht den Bund oder den Bund und die Kantone gemeinsam als für zuständig erklärt.
- Im obligatorischen Bildungsbereich (Primarstufe inkl. Kindergarten oder Eingagsstufe und Sekundarstufe I) sind die Kantone mit ihren Gemeinden für Regelung und Vollzug zuständig.
- Im nachobligatorischen Bildungsbereich (Sekundarstufe II und Tertiärstufe) liegt die Regelungszuständigkeit sowohl bei den Kantonen als auch beim Bund. Die Vollzugshoheit liegt – mit Ausnahme der Hochschulen des Bundes – bei den Kantonen.
- Die Berufsbildung (berufliche Grundbildung, höhere Berufsbildung und berufsorientierte Weiterbildung) wird durch den Bund geregelt. Auch hier sind die Kantone zuständig für den Vollzug.
In Fragen, welche eine gemeinsame Lösung erfordern, koordinieren sich die Kantone untereinander. Für bestimmte Bereiche statuiert die Bundesverfassung eine Koordinationspflicht der Kantone (z.B. Koordination der Kantone im obligatorischen Bildungsbereich, Zusammenarbeit und Kooperation von Bund und Kantonen im Hochschulbereich).
Für Einrichtungen und Angebote der familienergänzenden Kinderbetreuung (Kindertagesstätten, Tagesfamilien und informelle Betreuungsangebote) wird auf die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung verwiesen.
Obligatorischer Bildungsbereich
Gemäss Bundesverfassung (Art. 62 BV) sorgen die Kantone für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offen steht. Der obligatorische und konfessionsneutrale Unterricht untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist der Unterricht unentgeltlich.
Die Kantone mit ihren Gemeinden sind für die Regelung und den Vollzug des obligatorischen Bildungsbereichs (Primarstufe inkl. Kindergarten oder Eingangsstufe und Sekundarstufe I) zuständig. Das interkantonale und kantonale Bildungsrecht bildet die rechtliche Grundlage für den obligatorischen Bildungsbereich. Zudem verpflichtet die Bundesverfassung (Art. 62 Abs. 4 BV) die Kantone, auf dem Koordinationsweg das Schuleintrittsalter, die Schulpflicht, die Dauer und Ziele der Bildungsstufen sowie deren Übergänge zu harmonisieren.
Nachobligatorischer Bildungsbereich
Sekundarbereich: Sekundarstufe II
Auf der Sekundarstufe II, die in allgemeinbildende und berufsbildende Ausbildungsgänge unterteilt wird, liegt die Regelungszuständigkeit sowohl bei den Kantonen wie auch beim Bund.
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Die allgemeinbildenden Schulen umfassen die gymnasialen Maturitätsschulen und die Fachmittelschulen. Neben privaten Anbietern sind mehrheitlich die Kantone Träger der allgemeinbildenden Schulen.
Gymnasiale Maturitätsschulen
Bund und Kantone stellen gemeinsam sicher, dass die kantonalen Maturitätsausweise gleichwertig sind und den bundesrechtlichen und interkantonalen Mindestanforderungen entsprechen. Sie haben zu diesem Zweck je eigene, aber gleichlautende Anerkennungsregelungen erlassen: die gymnasiale Maturitätsanerkennung erfolgt über die Verordnung über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAV) bzw. über das Reglement der EDK über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAR).
Fachmittelschulen
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist für die gesamtschweizerische Anerkennung der Fachmittelschulen zuständig. Die Anerkennung der Fachmittelschulen sowie ihrer Abschlüsse erfolgt gestützt auf die Interkantonale Diplomanerkennungsvereinbarung (Interkantonale Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen) und das auf der Vereinbarung beruhende Reglement über die Anerkennung der Abschlüsse von Fachmittelschulen und die entsprechenden Richtlinien.
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Die berufliche Grundbildung, einschliesslich der Berufsmaturität, wird durch den Bund geregelt (Bundesgesetz über die Berufsbildung [Berufsbildungsgesetz, BBG]). Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) erlässt Bildungsverordnungen, die unter anderem den Gegenstand und die Dauer der Grundbildung, die Ziele und Anforderungen sowie den Umfang der Bildungsinhalte regeln.
Die berufliche Grundbildung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt. Die Kantone sind verantwortlich für die Umsetzung der Berufsbildung auf Basis der Bundesgesetzgebung (Vollzug des Bundesrechts) und sind neben privaten Anbietern Träger der Bildungseinrichtungen.
Tertiärbereich
Auf der Tertiärstufe, die in einen Hochschulbereich und in einen Bereich höhere Berufsbildung unterteilt wird, sind sowohl die Kantone wie auch der Bund rechtsetzend tätig.
Hochschulbereich
Gemäss Art. 63a BV sorgen Bund und Kantone gemeinsam für die Koordination und für die Gewährleistung der Qualitätssicherung im Hochschulbereich. Zur Umsetzung dieses Verfassungsauftrags wurde seitens des Bundes das Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (HFKG) und die dazugehörige Verordnung erlassen, seitens der Kantone die Interkantonale Vereinbarung über den Hochschulbereich (Hochschulkonkordat). Bund und Kantone haben zudem eine Zusammenarbeitsvereinbarung unterzeichnet; sie organisieren sich insbesondere im Rahmen der Schweizerischen Hochschulkonferenz SHK.
Die zwei Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) fallen in die Regelungskompetenz des Bundes (Bundesgesetz über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH-Gesetz]). Die 10 kantonalen Universitäten liegen in der Regelungskompetenz der einzelnen Standortkantone.
Die Fachhochschullandschaft umfasst acht öffentlich-rechtliche Fachhochschulen. Bund und Kantone steuern die Fachhochschulen gemeinsam gemäss ihrer Zuständigkeit. Die Kantone sind zuständig für den Vollzug und die Aufsicht. Zudem gibt es eine Fachhochschule in privater Trägerschaft.
Die Pädagogischen Hochschulen liegen in der Regelungskompetenz der Kantone und unterstehen kantonalen und interkantonalen Regelungen. Es gibt 14 rechtlich selbständige kantonale oder interkantonale Pädagogische Hochschulen. Zudem sind zwei Pädagogische Hochschulen in Fachhochschulen integriert.
Träger der Fachhochschulen und der Pädagogischen Hochschulen sind die Kantone oder Gruppen von Kantonen.
Bereich höhere Berufsbildung
Die höhere Berufsbildung umfasst den nichthochschulischen Bereich der Tertiärstufe, nämlich die eidgenössischen Berufsprüfungen und die eidgenössischen höheren Fachprüfungen sowie die höheren Fachschulen. Die höhere Berufsbildung wird durch den Bund geregelt (Bundesgesetz über die Berufsbildung [Berufsbildungsgesetz, BBG]). Sie wird verbundpartnerschaftlich vom Bund, den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt gesteuert. Die Kantone sind verantwortlich für den Vollzug der Berufsbildung auf Basis der Bundesgesetzgebung.
Eidgenössische Berufsprüfungen und eidgenössische höhere Fachprüfungen
Die zuständigen Organisationen der Arbeitswelt regeln die Zulassungsbedingungen, Lerninhalte, Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel. Die Vorschriften unterliegen der Genehmigung durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Die Kantone können vorbereitende Kurse für die Berufs- und höheren Fachprüfungen anbieten.
Die Vorbereitungskurse für die eidgenössischen Berufsprüfungen und höheren Fachprüfungen sind staatlich nicht reglementiert und unterstehen keiner staatlichen Aufsicht.
Höhere Fachschulen
Das SBFI ist die zuständige Behörde für die Anerkennung von Bildungsgängen. Die Kantone üben die Aufsicht über die Bildungsgänge höherer Fachschulen aus.
Die Anerkennungsvoraussetzungen und Anerkennungsverfahren sind in der Verordnung des WBF über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF) geregelt.
Weiterbildung
Weiterbildung ist überwiegend marktwirtschaftlich organisiert. Es gibt eine Vielzahl von Angeboten. Private übernehmen als Träger und Anbieter sowie bei der Finanzierung der Weiterbildung eine wichtige Rolle. Bund und Kantone handeln hauptsächlich subsidiär.
Mit den Bildungsartikeln der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft hatte der Bund den Auftrag erhalten, Grundsätze der Weiterbildung festzulegen (Art. 64a BV). Das Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) stärkt die Eigenverantwortung für das lebenslange Lernen, verbessert die Chancengleichheit beim Zugang zur Weiterbildung und stellt die Kohärenz in der Bundesgesetzgebung sicher.
In den Kantonen ist die allgemeine Weiterbildung gesetzlich und organisatorisch unterschiedlich geregelt. Einzelne Kantone verfügen über ein spezifisches Weiterbildungsgesetz.
Mit dem Bundesgesetz über die Berufsbildung wird die berufsorientierte Weiterbildung geregelt. Diese schliesst sich sowohl an die berufliche Grundbildung wie auch an die höhere Berufsbildung an. Auf der Ebene der Kantone wird die berufsorientierte Weiterbildung in den kantonalen Ausführungsgesetzen zum Berufsbildungsgesetz (BBG) geregelt.